An einem Tag im Mai 1980 steigt die achtjährige Ilaria nach der Schule in das Auto ihres Vaters. Von kleinen Hotels bis zu Autobahnraststätten dauert die Irrfahrt durch Norditalien. Das Kind denkt an seine Mutter und verspricht sich, nicht mehr zu weinen. Sie lernt Autofahren und Lügen, entdeckt Triest, Bologna, das Internat in Rom und ein sonniges Bauernleben auf Sizilien. Dank der Spiele, der Hits, die im Auto lauthals gesungen werden, dank Claudia, Isabella oder Vito sieht die Entführung wie eine fast normale Kindheit aus. Aber der Vater trinkt zu viel, er ist ein „nervöser Gepard“ in einer Nikotinwolke, denkt die Kleine. Wenn er sie an der Hand nimmt, zieht er sie besser nicht zurück; auch ihr Gesicht weicht nicht zurück, wenn er ihr in die Wange kneift. Ilaria beobachtet und spürt alles. In einer eindringlichen, schnellen und präzisen Sprache erzählt dieser Roman aus dem Inneren heraus den Zusammenbruch eines kleinen Mädchens, das den Lernprozess des Lebens allein bewältigen muss.
Der 2012 ins Leben gerufene Prix du Roman des étudiants France Culture zeichnet jedes Jahr einen in französischer Sprache verfassten Roman aus dem literarischen Herbst im September aus. Zu den Preisträgern der vergangenen Jahre gehören Maylis de Kérangal, Gael Faye, Lola Lafon, Emma Becker, Pauline Delabroy-Allard, Léonor de Recondo, Olivier Bourdeaut oder Eric Reinhardt und Gabriella Zalapì für 2024.
Gabriella Zalapì ist bildende Künstlerin mit englischen, italienischen und schweizerischen Wurzeln und lebt in Paris. Sie wurde an der Haute école d'art et de design in Genf ausgebildet und schöpft ihr Material unter anderem aus ihrer eigenen Familiengeschichte, indem sie Fotografien, Archive und Erinnerungen aufgreift und sie in einem verwirrenden Spiel zwischen Geschichte und Fiktion arrangiert. Antonia (Zoé, 2019, Le livre de poche, 2020), ihr erster Roman, wurde mit dem Grand Prix de l'héroïne Madame Figaro und dem Prix Bibliomedia ausgezeichnet. In Willibald malt Gabriella Zalapìs präziser und auf das Wesentliche reduzierter Schreibstil die Falten und Knicke eines Mannes, dessen ebenso tragisches wie romanhaftes Leben seine Familie zum Kollateralopfer gemacht hat.
Da Italien das Gastland der Ausgabe 2025 des Livre sur la Place sein wird, wird die Moderation von Sarah Polacci, Generalkommissarin des Livre sur la Place, Moderatorin und Reporterin bei Radio France, übernommen.
Unterstützung: Festival "Le livre sur la place", neimënster